Max-Planck-Gymnasium

Exkursion nach Ludwigsburg

Geschrieben von Tobias Lange

Am 18. Januar 2012 besuchte der Neigungskurs Geschichte des MPG "Die zentrale Stelle der Landesjustizverwaltungen zur Aufklärung von NS-Verbrechen" in Ludwigsburg, in dem auch eine Außenstelle des Bundesarchivs unterbracht ist. Hierbei handelt es sich um eines von sechs großen Archiven in Deutschland, in welchen mehrere Kilometer Akten von 1933-1945 und der Zeit danach lagern. Dieses Material besteht aus Schriftverkehr, Zeugenaussagen, Personenprofilen und teilweise übernommenen Akten aus Archiven der Siegermächte des Zweiten Weltkrieges.

Archivare, Polizisten, Staatsanwälte und Richter arbeiten nun mithilfe dieser Akten daran, Verbrechen des Zweiten Weltkrieges, insbesondere bei der Massenvernichtung von Zivilbevölkerung und Gefangenen, aufzudecken und die Verantwortlichen aufzusuchen und zu verurteilen.
Jedoch gestaltet sich diese Arbeit immer schwieriger und wird auch in den nächsten Jahren eingeschränkt, da aus bekannten Gründen die Zahl der noch lebenden Täter, Opfer und Zeugen rasch abnimmt.

Unserer Gruppe wurde am Vormittag zuallererst eine Einführung in die Archivarbeit gegeben, wobei auch die dabei auftretenden Probleme und Vorgehensweisen geschildert wurden. Des Weiteren gewährte man uns Einblick in die Archive und ausgewählte Originaldokumente von längst abgeschlossenen Fällen.
Anschließend befassten wir uns im angrenzenden Museum mit den Arten der Verbrechen und den rechtlichen Umständen, die bei einem Prozess vorherrschen.

Nach einer kurzen Mittagspause erarbeitete der Kurs dann unter Anleitung des pädagogischen Leiters, Herrn Kress, und des Leiters des Bundesarchivs, Herrn Dr. Herrmann, einen Beispielprozess mit Verurteilung zu einem in Auschwitz begangenen Verbrechen, bei dem Mord, Totschlag und Misshandlung zu den Anklagepunkten zählten. Verhandlungsmittelpunkt war Wilhelm Boger, dem als SS-Oberscharführer im KZ Auschwitz Beteiligung an Selektionen, Erschießungen sowie Tötungen von Häftlingen bei Verhören (Folterinstrument: "Bogerschaukel") zur Last gelegt worden war. Im Frankfurter Auschwitzprozess 1965 wurde Boger wegen Mordes in mindestens fünf Fällen zu lebenslänglicher Haft verurteilt. Boger starb 1977 im Gefängnis.

Der Geschichtekurs erlebte einen interessanten und aufschlussreichen Tag zum Umgang mit NS-Verbrechen und bedankt sich bei dem begleitenden Geschichtslehrer Thomas Wagner sowie der Vielzahl von Archivaren, die einen ganzen Tag für diesen Kurs opferten.